„Wie viele Kinder nahm Gott mit in die Arche?“

Uff! Dieser eine einfache Gedanke ließ mich nicht mehr los. Ich las mir den Bericht über Noah durch. Mehrmals.

17 Und ich, siehe, ich bringe die Sintflut der Wasser über die Erde, um alles Fleisch, in dem die Lebenskraft wirksam ist, unter den Himmeln zu verderben. Alles, was sich auf der Erde befindet, wird verscheiden. Und ich will meinen Bund mit dir errichten; und du sollst in die Arche hineingehen, du und deine Söhne und deine Frau und die Frauen deiner Söhne mit dir.
1. Mose 6:17

Diese Aussage war mit dem Auftrag verknüpft, den Noah von Gott erhalten haben soll, bevor er mit dem Bau der Arche begann. Somit stand bereits viele Jahre vor der Sintflut fest, dass nur Noah, seine Frau und seine drei Söhne sowie deren Frauen das Ende der damaligen Menschheit überleben würden.

Während Noah, gemäß dem Bibelbericht, die Arche baute, sind in der Zwischenzeit Kinder geboren worden, die noch gar nicht am Leben waren, als Gott die Neigung der Menschen verurteilte.

Rückblickend ließ ich lange Zeit den Gedanken nicht an mich ran, dass es damals auch Kinder gegeben haben muss. Eigentlich ein recht einfacher und naheliegender Gedanke. Doch unser Gehirn, zumindest meins, scheint hier einfach die Grausamkeit, die dies zur Folge haben musste, auszublenden.

Dann lief der Countdown. Noah hat in einen Kasten mit den ungefähren Maßen von 133 Meter x 22 Meter x 13 Meter „von jedem lebenden Geschöpf einer jeden Art Fleisch […] je zwei in die Arche“ gebracht – WTG.

Ich stelle mir hier in Gedanken meine zwei Söhne vor, die zu dem Zeitpunkt, wenn Noah die Tiere in die Arche führt, 3 und 5 Jahre alt sind. Ihre Eltern glauben nicht an die Warnungen Noahs. Meinen Kindern ist es egal, ob Mama und Papa über Noah lachen. Sie verstehen die Zusammenhänge noch nicht. Meine Söhne finden es dafür aber sehr spannend, dass von überall Tiere herkommen, die sie noch nie gesehen haben, und spielen mit ihnen, streicheln sie, lachen und haben einfach nur Spaß. Mit einem Mal fängt es an zu regnen. Meine Jungs freuen sich zunächst über die Pfützen, springen rein und machen sich nass. Sie lachen und sind glücklich. Doch dann steigt das Wasser immer höher, bis zum Hals. Sie schreien, sie verstehen es nicht und rufen nach Mama und Papa. Sie können nicht schwimmen und halten sich an den Händen. Plötzlich verlieren sie den Boden unter ihren Füßen. Sie wollen Luft schnappen, und stattdessen dringt Wasser in ihre Lungen.

Bild aus Mein Buch mit biblischen Geschichten. Herausgegeben von Zeugen Jehovas (speziell für Kinder) – WTG.

Das ließ mich nicht mehr los. Viele Zeugen Jehovas reden sich das schön.„Jehova hat ins Herz geschaut. Er sah, dass sie (die Kinder) schlecht waren in ihrem Herzen und später ebenfalls schlechte Menschen werden würden.“ Oder man argumentiert damit, dass die Eltern verantwortlich sind für ihre Kinder. Man muss es sich einfach zurecht biegen. Nur so ist es wohl erträglich. Eine Auferstehung? Negativ!

Wer keine Auferstehung verdient, kommt in die „Gehenna“ oder den „Feuersee“ (Matthäus 5:22; Markus 9:47, 48; Offenbarung 20:14). Dazu gehören die ersten Menschen, Adam und Eva, der Verräter Judas Iskariot und Personen, die durch ein göttliches Strafgericht umgekommen sind, wie die Zeitgenossen Noahs oder die Bewohner von Sodom und Gomorra.
Wachtturm 15. Juli 2005, Seite 31

Über die Geschichte zu Sodom und Gomorra dachte ich ebenfalls nach. Abraham hat mit Gott gehadert. Er wollte nicht, dass Gott die ganze Stadt vernichtet.

23 Dann trat Abraham näher und begann zu sagen: „Wirst du wirklich die Gerechten mit den Bösen wegraffen? 24 Angenommen, es sind fünfzig Gerechte inmitten der Stadt. Wirst du sie denn wegraffen und dem Ort nicht verzeihen um der fünfzig Gerechten willen, die darin sind?
1. Mose 18:23-24

Dann machte Gott Abraham ein Angebot:

Da sprach Jehova: „Wenn ich in Sọdom, inmitten der Stadt, fünfzig Gerechte finden werde, will ich ihretwegen dem ganzen Ort verzeihen.
1. Mose 18:26

Sie verhandelten dann noch so lange, bis Abraham nicht einmal mehr zehn Menschen einfielen, die es Wert waren, gerettet zu werden. Mir wären ein paar eingefallen: Babys, Kleinkinder und Kinder. Schade!


Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es sich hierbei ausschließlich um meine Gedanken zur Bibel handelt. Dinge, die ich nicht nachvollziehen konnte. Die sich andere jedoch erklären können.

Bis hierhin hätte ich es vielleicht ertragen. Hätte weiterhin irgendwie meine Kinder bei Zeugen Jehovas erzogen. Wäre weiterhin zur Versammlung gegangen und hätte meine Überlegungen für mich behalten. Es gibt viele Zeugen Jehovas, die gewisse Dinge nicht verstehen und dann darauf vertrauen, dass Gott es besser weiß, dass wir einfach, weil wir begrenzt im Kopf sind, seine Gedanken nicht verstehen würden, auch wenn wir „in seinem Bilde erschaffen“ worden sind und genauso fühlen wie er.

Mit der Zeit (Anfang 2017) habe ich mich, nach vielen inneren Kämpfen, meiner Frau geöffnet. Sie hatte bemerkt, dass ich nachdenklich und unglücklich wirkte. Sie war sehr hartnäckig und ließ nicht locker, bis ich ihr dann alles erzählte. Sie war zunächst geschockt und sehr abweisend. Sie wollte das nicht wahrhaben, weil sie genau wusste, welche Konsequenzen diese Überlegungen zur Folge haben könnten. Deshalb hatte ich auch alles so lange in mich reingefressen.

Es dauerte zwei bis drei Tage, bis wir offen über alles reden konnten, frei von dem Zwang, unseren Glauben nicht zu hinterfragen. Wir machten uns weiter auf die Suche und stießen auf Dinge, die schockierten. Dinge, die uns dazu brachten, dass wir uns einfach nur schlecht vorkamen, jemals Teil dieser Organisation gewesen zu sein. Die uns keine andere Wahl ließen, als unsere Kinder dort rauszuholen.

Die folgenden Informationen kann jeder Zeuge Jehovas bei staatlichen Organisationen einsehen. Aber ich meine, dass kaum ein Zeuge Jehovas mit diesen Fakten vertraut ist.