Das Internet, Zweifel und Netzwerke

Viele stoßen zufällig bei der Suche über Zeugen Jehovas durch eine Suchmaschine auf eine der Aufklärungsseiten oder Netzwerke. Falls das der Grund ist, warum du hier liest, herzlich Willkommen. Vermutlich fühlst du dich unwohl hier zu lesen. Kritik, Informationen welche du dir gar nicht vorstellen kannst, möglicherweise Lügen? Vielleicht wird dir etwas flau im Magen oder du hast diese Seite erst geschlossen und dann wieder geöffnet und liest jetzt weiter. Auch mir ging es so ähnlich. Vielleicht denkst du an Aussagen wie im Wachtturm vom 15.09.2002 auf der Seite 20:

Zweifel können durch Medien, das Internet und durch heutige Abtrünnige gesät werden.
Wachtturm vom 15.09.2002

Oder der Wachtturm vom 01.05.2000 räumt auf Seite 9 Absatz 9 ein:

Einige Abgefallene setzen vermehrt verschiedene Massenkommunikationsmittel ein, unter anderem das Internet, um über Jehovas Zeugen falsche Informationen zu verbreiten.
Wachtturm vom 01.05.2000

Sicherlich hast du von den Beröern gehört, die alles prüften. Dies ist das Anliegen dieser und vieler weiterer Seiten. Solltest du hier Fehler entdecken, dann gib Bescheid – es wird schnellstmöglich korrigiert. Und sollte das was auf diesen und vielen anderen Seiten steht wirklich stimmen, so wäre dies ein Grund deine Überzeugung zu prüfen. Egal wie, du kannst nur gewinnen – entweder du kannst falsche Behauptungen widerlegen oder mehr erfahren. Beides ein unermesslicher Gewinn. Eine Wahrheit muss immer wahr sein, egal wer fragt. Zweifel kann man ausräumen wenn sie nicht berechtigt sind, Lügen widerlegen.

Wie würdest du vorgehen, wenn du ein neues Auto suchst? Würdest du nur den Hersteller fragen, oder vielleicht mit Google nach einer kritischen Sicht suchen? Ein neuer Fernseher? Würdest du Google nutzen um mehr über die Schwachstellen – die der Hersteller verschweigt – zu erfahren? Warum dann nicht bei deinem Glauben? Sollte dieser nicht besser prüfbar und fundierter sein als ein Auto oder der Fernseher den du für wenige Jahre hast?

Vielleicht fragst du dich, warum es mehrere Netzwerke gibt, warum viele Schreiber oder Betreiber eines Netzwerkes nur anonym agieren und warum es eigentlich nur im Internet diese Vielfalt gibt. Warum wildfremde Menschen Zeit und zum Teil auch finanzielle Mittel investieren, um diese Seiten zu betreiben. Vieles davon ist in der Geschichte bedingt.

Wie oben angeführt wurde immer vor dem Internet gewarnt. Wenn du schon längere Zeit ein Zeuge Jehovas bist, kennst du die negative Einstellung sicherlich noch. Viele wollten mehr über die Bibel erfahren, sich kritisch austauschen, Lehren verstehen – alles Dinge die in der Versammlung nicht gern gesehen wurden. Es gründeten sich Foren und Webseiten. Diese wuchsen, wurden größer und bekannter. Ziel war einzig und allein, die Wahrheit zu suchen und zu verstehen. Da viele in das Internet gedrängt wurden, entstand hier eine Dynamik und dies ist auch der Grund warum man sehr viel zu verschiedensten Themen und Lehren finden kann. Geschrieben von Menschen, welche fast alle bereit sind, Fehler in ihren Artikel zu korrigieren – es geht nicht darum Recht zu haben.

Und doch agieren sie oft anonym – ist dies nicht ein Widerspruch wenn sie so überzeugt sind? Viele laufen Gefahr ihre Familie zu verlieren, andere haben dafür berufliche Gründe und einige reden ganz offen über diese Themen. Untereinander kennen sich übrigens einige, zumindest dem Namen nach. Bei wie vielen Zeitschriften kennt man die Schreiber?

Die Motivation der Schreiber

Aber warum werden Artikel geschrieben, von denen man nicht weiß, wie viele Menschen es erreicht, ob es Sinn macht diese überhaupt zu schreiben und warum tut man dies für Menschen die man größtenteils nicht kennt? In den Zeitschriften liest man oft, dass es eine Form von Wut oder Hass gegen Zeugen Jehovas ist. Genau das Gegenteil ist der Fall. Vor Jahren brach ich den Kontakt zu einer Freundin ab, die ich menschlich sehr schätzte, einfach weil sie die Gemeinschaft verließ. Ich fragte weder nach ihren Gründen noch bot ich ihr Hilfe an. Nicht aus eigener Überzeugung, einfach weil dies gefordert wurde. Ich verlor viele Freunde durch die Entscheidung, keinerlei Aktivitäten mehr zu unterstützen ober beizuwohnen, ich konnte es mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren. Ich lernte Dinge, erforschte Dinge, vergrub mich zwischen Bibeln, verschiedenen Fachbüchern und vielem mehr – immer mit dem Ergebnis dass meine Zweifel begründet waren. Alles was ich im Internet prüfte, stimmte. Ich erlangte Wissen, was ich anbieten wollte. Wissen, was vielleicht meinen verlorenen Freunden und meiner verlorenen Familie hilft – oder anderen. Es ist keine Verbitterung, es ist die Liebe und die Hoffnung, die mich antreibt.

Viele von uns haben Freunde, Kinder, Eltern, Enkel, Neffen und Nichten verloren – einfach weil sie dazu angewiesen werden. Anweisungen, welche menschlich verwerflich sind, biblisch in dieser Form nicht haltbar, gegen die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit verstoßen und einem jede Möglichkeit genommen wird, in Würde zu gehen. Bevor Menschen sich über das Internet austauschen konnten, war die Ächtung sicher ein effizientes Mittel. Jedoch ist die ganze Erde mittlerweile miteinander vernetzt, und diese Netzwerke sind ein zentrales Mittel der Aufklärung. Könnte jeder ohne drakonische Strafen entscheiden, sein Glaubensbekenntnis frei zu wählen ohne eine soziale Erpressung zu durchlaufen – ich denke, ich würde den Stift fallen lassen und mich freuen, meine Freunde wiederzusehen, so diese es wünschen.

Bekannte Netzwerke

Das möchte ich an ein paar bekannten Netzwerken erläutern: fast 25.000 Nutzer tummeln sich auf dem englischen Reddit. In diesem Netzwerk sind auch aktive Zeugen unterwegs, Älteste, Dienstamtgehilfen, Pioniere und viele mehr. Das Ältestenbuch und Ältestenbriefe werden dort veröffentlicht und ermöglichen einen Einblick in eine verborgene Struktur. Die Arbeit dahinter war ein wichtiger Punkt für die Anstrengung der Australian Royal Commission, denn geheime Dokumente welche durch die WTG verweigert wurden, konnten so vorgelegt werden. Das Ergebnis dessen war ein Meilenstein in dem Schutz von Kindern vor Missbrauch. Da nicht alle Leser Englisch sprechen, dienen diese Quellen dann den jeweiligen lokalen Netzwerken als Grundlage. Entweder in kurzen Texten im deutschen Reddit oder als Artikel bei Bruderinfo-Aktuell, auf Facebook oder auch auf dieser Website. Einige dieser Netzwerke sammeln eher verschiedene Kanäle, andere versuchen „am Ball zu bleiben“ und aktuelle Ereignisse zeitnah zu verbreiten und einige Seiten haben den Schwerpunkt bei umfassenden Artikeln. Auch wenn viele nicht direkt zusammenarbeiten, so ist die Motivation dieselbe. Und eine Internationalität verspürt man auch hier: mal schreibt man sich mit einem Amerikaner, telefoniert mit der Schweiz oder hat Kontakt nach Südafrika.

Es gibt noch viele weitere Netzwerke, Webseiten und Portale. Schaut daher immer mal in die Linklisten eben dieser Seiten. Es wird euch zu den unterschiedlichsten Artikeln und Videos führen. Zu Christen, Agnostikern, Atheisten und anderen Weltsichten. Falls euch etwas gefällt, so teilt es – aber bitte teilt auch die Quelle. Lest ihr regelmäßig in einem Netzwerk, so drückt den Like-Button, teilt euch mit, habt ihr eine Idee für eine Website einen Artikel zu schreiben? Die Möglichkeit nehmen viele an, einfach Kontakt aufnehmen. Und falls eure Tür für alte Freunde offen ist oder ihr Hilfe sucht, vielleicht jemand mit dem ihr reden könnt: schaut mal in die Karten auf Bruderinfo oder Reddit. Einfach einen Punkt in eurer Nähe setzen und eine Mail angeben (diese kann ja auch nur dafür angelegt werden) und schaut mal. Vielleicht seid ihr nicht allein und es zweifeln mehr, als ihr vermutet.

Reaktionen zu diesem Beitrag

  1. Anonymous sagt:

    Hallo Oliver , ich habe dein Buch gelesen . Das hat mir sehr gut gefallen . Danke für deine Worte und deinen Mut , das war ein sehr großer Schritt für dich und deine Familie . Bei mir ist es auch nicht so einfach , ich bin verheiratet mit einem Zj und wir haben zwei Kinder , ich bin selber auch eine Schwester seit 25 Jahren . Ich beschäftige mich sehr viel mit glaubenslehrern und stoße immer wieder auf Dinge , die nicht richtig sind . Mal schauen , wie es weitergeht . Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute , Alina

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