Wachtturm-Gesellschaft erweitert ihre Online-Bibliothek

Auf reddit erhielt ich den Hinweis, dass die Wachtturm-Gesellschaft ihre Online-Bibliothek unter wol.jw.org erweitert hat. Bisher waren dort nur die Jahrgänge ab 2000 einsehbar. Nun sind die Wachtturm-Jahrgänge ab 1960 und die Erwachet!-Jahrgänge ab 1970 verfügbar. Im englischen stehen die Wachtturm-Jahrgänge sogar ab 1950 zur Verfügung. Auch die älteren Ausgaben des Königreichsdienst sind nun von 1970 an im Archiv einsehbar.

Dies ist deshalb interessant, da in ihrer Online-Bibliothek nun mehr Material – vor allem bezogen auf die Jahrgänge – als in der WT-Library bereitsteht. Die WT-Library wird nicht weiter hergestellt; diese Information erhielt ich bereits kurz vor meinem Austritt. Damit verlagert die WTG ihre Publikationen mehr und mehr ins Netz. Ein Zeuge Jehovas kann sich nun, gerade mit Blick auf die 1960er Jahrgänge, recht einfach ein Bild davon machen, inwieweit die „Abtrünnigen“ Zitate korrekt wiedergegeben haben. Mein erster Schritt war es, die Quellen aus dem Artikel zu 1975 mit Verlinkungen zu versehen. Ich werde nun nach und nach auch die weiteren Artikel überarbeiten.

Im Stern-Interview aus dem letzten Jahr hatte ich noch ausgesagt, dass die WTG anfängt „alles zu verbannen, was vor dem Jahr 2000 geschrieben wurde. Sie entsorgen ihre eigene, widersprüchliche Geschichte, um die Zukunft zu kontrollieren.“ Das ist nachweislich, zumindest wenn wir den Zeitraum von 1950 bis heute betrachten, nicht mehr der Fall. Die Frage ist, warum haben sie sich für diesen Schritt jetzt entschieden? Hier kann man nur Mutmaßungen anstellen. Ich möchte allerdings ungern etwas hineininterpretieren, wofür ich keine Beweise habe. Aus der Perspektive eines Zeugen Jehovas macht dieser Schritt meiner Ansicht nach wenig Sinn. Denn die WTG hat in der Vergangenheit mehrfach ihre Lehren verändert und zu Studienzwecken wird auf die neueren Publikationen verwiesen. Die älteren Jahrgänge haben demnach kaum noch einen Nutzen für den einzelnen Zeugen, höchstens einen nostalgischen Wert oder um die Mitglieder zu beschäftigen. Auch Literaturdiener, die die Bestellungen und das Inventar der Versammlung verwalten, werden regelmäßig informiert, ältere Publikationen zu entsorgen.

Formular s-60-x: Veröffentlichungen, die entsorgt werden sollten

Was auch immer die Hintergründe für die Erweiterung der Online-Bibliothek sind, so begrüße ich die Möglichkeit meine Quellen und die der anderen Autoren nun auch online über die offizielle Webseite von Zeugen Jehovas zu belegen.

Das Zeugen Jehovas jetzt in Scharen die Organisation verlassen, damit ist selbstverständlich nicht zu rechnen. Dessen wird sich die WTG ebenfalls bewusst sein. Als Zeuge Jehovas ist man recht gut darin konditioniert, die Texte so zu lesen, dass das Weltbild weiterhin passt. „Niemand überdenkt sein Weltbild gerne. Es macht uns aus und gibt uns ein Zugehörigkeitsgefühl.“, schreibt Felix Kruppa auf der Webseite der Richard Dawkins Foundation.

Sogenannte kognitive Verzerrungen helfen uns dabei, wider die Fakten an unserer Meinung festzuhalten. […] Anstatt sich neuen Informationen, die mit dem eigenen Weltbild nicht vereinbar sind, also unvoreingenommen anzunehmen oder zumindest einer Überprüfung zu unterziehen, greifen sogenannte kognitive Verzerrungen, die es dem Individuum erlauben, hinsichtlich seiner Überzeugungen konsistent zu bleiben.

Wenn ein Zeuge in der Vergangenheit im Netz auf 1975 im Zusammenhang mit den Schriften der WTG hingewiesen wurde, dann tat er dies meist als Lügen von „Abtrünnigen“ ab. Nun bietet sich die Möglichkeit Quellen, die auch ein Zeuge Jehovas akzeptiert, hinzuziehen. Hierbei würde ein Zeuge jedoch vermutlich argumentieren, dass das Licht heller geworden ist, die leitende Körperschaft unvollkommen ist und einfach aus der damaligen Euphorie heraus falsche Erwartungen geweckt wurden. Wie auch immer, das Gelernte muss verteidigt werden, um die Entscheidungen die man zugunsten der Organisation getroffen hat und trifft zu rechtfertigen. Dennoch bin ich der Meinung, dass es dem einen oder anderen Zweifelnden helfen wird, zu erkennen, dass Erstens, die als Küchenhelfer Satans bezeichneten „Abtrünnigen“, nicht, wie gerne propagiert wird, Lügen verbreiten, sondern bei ihrer Recherche sehr sorgfältig umgegangen sind und Zweitens, die Organisation heute tatsächlich ein verzerrtes Bild der Vergangenheit darstellt.

Es folgen nun einige interessante Zitate aus den 1950er bis 1970er Jahren.

Zitate

Wie bereits im Artikel zu 1975 ausgeführt, möchte ich die Gelegenheit nutzen zwei Zitate gegenüber zu stellen. Auf dem Kongress 2017 sah man ein Video, in dem ein Zeuge über seine Jugend sprach. Ein Erzähler ergänzt: „Damals schauten Einige auf ein spezielles Datum als Ende des Systems der Dinge […] Einige gingen so weit und verkauften ihre Häuser und gaben ihre Arbeit auf.“

Im Königreichsdienst vom Mai 1974 war zu lesen:

Es erreichen uns Berichte, dass Brüder ihre Häuser und Besitztümer verkaufen und planen die letzten Tage dieses Systems im Pionierdienst zu stehen. Das ist sicherlich eine gute Möglichkeit seine Zeit und Mittel einzusetzen bevor dieses böse System bald enden wird.
Königreichsdienst, Mai 1974, S. 3 (englisch)

Die Worte Jesus schob man aufgrund der Erwartungen zu 1975 einfach mal beiseite:

Es ist daher jetzt nicht an der Zeit, gleichgültig zu sein und in den Tag hineinzuleben. Es ist nicht an der Zeit, mit dem Gedanken zu spielen, Jesus habe ja gesagt: „Von jenem Tage und jener Stunde hat niemand Kenntnis, weder die Engel der Himmel noch der Sohn, sondern nur der Vater.“ Im Gegenteil, wir sollten uns ständig vor Augen halten, daß das gewaltsame Ende des gegenwärtigen Systems der Dinge eilends herannaht. Täuschen wir uns nicht: Es genügt, daß nur der Vater „Tag und Stunde“ kennt!
Wachtturm, 15. November 1968, Abs. 35

Zu der Frage „Wie betrachten Jehovas Zeugen eine Ehe zwischen Angehörigen unterschiedlicher Rassen?“ war 1974 folgendes nachzulesen:

Der Christ ist verpflichtet, anderen die gute Botschaft vom Königreich zu verkündigen. Er mag daher erwägen, ob ernsthaft damit zu rechnen ist, daß sich eine Ehe mit einem Angehörigen einer anderen Rasse nachteilig auf die Einstellung seiner Mitbürger zum Königreichswerk auswirkt. Christus Jesus und seine Apostel gaben ein Beispiel, indem sie lieber auf Dinge verzichteten, auf die sie ein Anrecht hatten, als daß sie Menschen ernsthaft daran gehindert hätten, die Wahrheit des Wortes Gottes anzunehmen.
Wachtturm, 1.März 1974, S. 160

Über den Umgang mit „Abtrünnigen“ hieß es:

Das Gesetz des Landes und das durch Christus kommende Gesetz Gottes verbieten es uns, Abtrünnige zu töten, selbst wenn es eigene Familienangehörige nach dem Fleische wären. Indes verlangt Gottes Gesetz von uns, dass wir die Tatsache, dass ihnen die Gemeinschaft seiner Versammlung entzogen wurde, anerkennen. Dies sollte geschehen ungeachtet des Umstandes, dass das Gesetz des Landes, in dem wir leben, von uns fordert, zufolge einer gewissen natürlichen Verpflichtung mit solch Abtrünnigen unter demselben Dache zu wohnen und Umgang mit ihnen zu haben. […] Der Irrende wird zwar nicht getötet, doch sein Gemeinschaftsentzug wird von allen in der Versammlung respektiert.
Wachtturm, 15. Januar 1953, S. 63 (deutsch), 15. November 1952, S. 703 (englisch)

Über das Schach spielen konnte man lesen:

Die starke Faszination des Schachspiels kann dazu führen, daß es einen großen Teil der Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, so daß man sogar wichtigere Dinge vernachlässigt, und das war offensichtlich einer der Gründe, weshalb Huß bereute, Schach gespielt zu haben. Wenn man Schach spielt, besteht auch die Gefahr, daß man ‘miteinander wetteifert’ oder sogar Feindseligkeit gegeneinander entwickelt, wovor die Bibel Christen warnt.
Erwachet!, 8. Juli 1973, S. 14

Zur Kindererziehung empfahl man folgendes:

Obwohl solche Bezugnahmen auf die „Rute“ verschiedene Arten elterlicher Züchtigung einschließen können, gehört die körperliche Züchtigung sicher dazu. Ob die Eltern sie nun mit der Hand, einem Stock oder einer geeigneten „Rute“ anderer Art vornehmen — sie haben von Gott die Befugnis, ihre Kinder auf liebevolle Weise körperlich zu züchtigen.
Erwachet!, 08. August 1979, S. 28

Über die „Gefahren“ von Homosexualität schrieb die WTG:

Man kann sich auch vor der Gefahr der Homosexualität schützen, wenn man darüber nachdenkt, welche psychische Belastung sie bedeutet und wie widernatürlich sie ist. Daß die gleichgeschlechtliche Liebe selbstsüchtig ist und den Menschen verhärtet, zeigt sich in der Art und Weise, wie Homosexuelle Fremde belästigen, Knaben verführen und in Gefängnissen andere vergewaltigen. Es ist erwiesen, daß das perverse sexuelle Verlangen weit schwieriger zu beherrschen ist als das normale.
Wachtturm, 01. September 1970, S. 538-539

Zu Organtransplantationen vertrat man folgende Auffassung:

Wenn Ärzte feststellen, daß diese normale Entwicklung nicht mehr vor sich geht, und darum empfehlen, das Organ zu entfernen und es durch das gleiche Organ eines anderen Menschen zu ersetzen, so soll dieser Vorgang dadurch lediglich abgekürzt werden. Wer sich einer solchen Operation unterzieht, lebt gewissermaßen vom Fleisch eines anderen Menschen. Das ist Kannibalismus.
Wachtturm, 15. Februar 1968, S. 126-128

Die Vorteile

Durch die Erweiterung der Online-Bibliothek ergeben sich auch Vorteile zu Argumentationszwecken vor Behörden. Die WTG reagiert aktuell sehr aggressiv auf Publikationen von ehemaligen Zeugen Jehovas. Sowohl bei dem Buch von Konja Simon Rohde, „Ausstieg ins Leben“, als auch bei Mischa Anouks Buch „Goodbye Jehova“ hat die WTG mit rechtlichen Mitteln Anstrengungen unternommen, auf Unterlassung zu klagen. Bei „Ausstieg ins Leben“ ging es vor allem um die soziale Ächtung, die die WTG programmatisch durchsetzt, und die nach ihren Aussagen nicht stattfindet. Die WTG verwies hierbei auf das Anerkennungsverfahren der KdöR. Nach bisherigen Erkenntnissen hält sich die WTG momentan noch zurück, nachdem von Verlagsseite aus eine Antwort erfolgte. Bei Misha’s Buch kommt es in nächster Zeit jedoch zu einem Prozess. Misha schreibt in seinem Blog: „Wir sehen einem Prozess gelassen entgegen.“ Vor allem die Publikationen, die nun online als Beweismittel zur Verfügung stehen, helfen, die beanstandenden Passagen zu belegen.

Im KdöR-Verfahren, in den 1990er Jahren, war es anscheinend nicht so leicht möglich anhand von Publikationen die interne Politik der Zeugen Jehovas zu untermauern. In einem Schriftstück von 1998 war zu lesen:

Die Zitierweise ist unseriös, denn es wird in dem Handbuch gerade nicht davon gesprochen, daß alle Handlungen, die gegen die Ordnung gerichtet sind, die Gott seinem Volk gegeben hat, zum Gemeinschaftsentzug führen. In den weiteren Absätzen wird der Tatbestand des Abfalls bzw. der Abtrünnigkeit genau erläutert und im einzelnen ausgeführt, so daß hier keineswegs von einer „Generalklausel“ gesprochen werden kann, mit der jedes unerwünschte Verhalten eines Zeugen Jehovas sanktioniert werden kann oder soll.
Anerkennungsverfahren, S. 20

Ebenso scheint es, dass Prof. Dr. Ch. Link, der als Experte von der Berliner Senatsverwaltung zu Rate gezogen wurde, sich der englischen Publikationen bediente, was dazu führte, dass das Bundesverfassungsgericht die angegebenen Zitate in den entsprechenden deutschen Publikationen nicht wiederfand:

Das von der Wachtturm-Gesellschaft herausgegebene Buch Organisiert, unseren Dienst durchzuführen, auf das verwiesen wird, enthält an der genannten Stelle keinerlei Hinweise darüber, daß die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas “jedes Zuwiderhandeln gegen deren Weisungen mit dem Stigma der ‘Abtrünnigkeit’ belegt”. Der sodann folgende weitere Hinweis von Link auf das Handbuch Gebt acht auf euch selbst … geht ebenso fehl, denn dieses Buch enthält keine Seite 160. Es endet auf Seite 158 mit einem Index.
Anerkennungsverfahren, S. 20

In einem Urteil von 2001 des Bundesverwaltungsgericht war ferner zu lesen:

Vom Oberverwaltungsgericht ist ferner zu klären, ob die Religionsgemeinschaft aktiv darauf hinarbeitet, dass ausgetretene oder ausgeschlossene Familienmitglieder von ihren in der Religionsgemeinschaft verbleibenden Familienangehörigen in einer Weise ausgegrenzt werden, die den durch Art. 6 Abs. l GG geschützten Bestand von Familie und Ehe gefährdet. […] Sinngemäß ist ferner darauf hingewiesen worden, dass mit Ehegatten, die aus der Religionsgemeinschaft ausgetreten sind oder ausgeschlossen wurden, „keine geistige Gemeinschaft“ mehr gepflegt werden dürfe und der Umgang auf das „absolut Notwendige“ zu beschränken sei. Die Klägerin [WTG] bestreitet eine solche Ausgrenzung von Kindern und Ehegatten.

Heute wäre dies aufgrund der Vernetzung der ehemaligen Mitglieder und vor allem durch die öffentlich einsehbaren Publikationen der WTG leichter die Ausschluss-Politik zu belegen, zumal die WTG den Ton diesbezüglich verschärft hat:

Was ist zum Beispiel, wenn jemand aus deiner Familie oder deinem Freundeskreis sündigt, nicht bereut und ausgeschlossen werden muss? Handelst du dann entschieden und stellst den Umgang mit demjenigen ein? Wozu drängt dich dein Herz?
Wachtturm März 2017 (Studienausgabe), S. 20

Auch ein Video, welches auf dem Bezirkskongress 2016 gezeigt wurde, gibt die Lehrmeinung der WTG sehr deutlich wieder. Sonja wird nahegelegt, aus dem Elternhaus auszuziehen. Im Nachgang reagieren die Eltern nicht einmal mehr auf die Anrufe ihrer Tochter.

Das Bundesverfassungsgericht stellte fest:

Ein aktives Hinarbeiten auf eine Trennung von Ehepartnern oder Familien wäre ein ausreichender Grund für die Versagung des Körperschaftsstatus.

Ebenfalls verwies das Gericht auf Artikel 4, Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes, indem es heißt:

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

Das Gericht schrieb:

Wenn der Austritt aus der Religionsgemeinschaft typischerweise diese Konsequenzen [Trennung von der Familie] hätte, würde sich dies regelmäßig auch als nachhaltige Sperre gegen einen Austritt auswirken. Denn der Austrittswillige wird von einem Ausscheiden aus der Religionsgemeinschaft regelmäßig absehen, um den Kontakt mit seinen engsten Familienangehörigen aufrechtzuerhalten. Ein solches Verhalten würde – sei es als schwerwiegende Nebenfolge des oben dargestellten Verhaltens der Klägerin […] oder als gezielte Maßnahme – auch das Grundrecht des Austrittswilligen aus Art. 4 Abs. l und 2 GG gefährden, das das Recht umfasst, mit Wirkung für den Bereich des staatlichen Rechts aus der Religionsgemeinschaft auszutreten.

Mit anderen Worten, Personen, die sich mental von der Organisation entfernt haben, vermeiden es, den Ausschluss in die Tat umzusetzen, um ihre Familie nicht zu verlieren. Dies stellt einen Einschnitt in die persönliche Freiheit „des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses“ dar. Ich selbst stehe in Kontakt mit Personen, die aus den genannten Gründen einen offiziellen Austritt scheuen. In Deutschland und darüber hinaus, könnte eine Vielzahl von Beispielen herangezogen werden, in denen Menschen ihrer persönlichen Freiheit, aufgrund der Richtlinien der Organisation, beraubt werden.

In Bezug auf die Verweigerung von Bluttransfusionen stellte das Gericht fest:

Anders verhält es sich aber, wenn die Religionsgemeinschaft Schritte unternimmt, die darauf hinauslaufen, die staatlichen Schutzmaßnahmen zu erschweren oder gar zu verhindern. Eine solche Haltung wäre mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, […] nicht zu vereinbaren und müsste zur Ablehnung des Antrags der Klägerin [WTG] führen.

Die Einstellung eines Zeugen Jehovas zu gerichtlich angeordneten Bluttransfusionen, hat die WTG in Form einer Leserfrage („Ist ein Christ verpflichtet, sich einer Blutübertragung nur deshalb zu unterziehen, weil ein Gericht die Blutübertragung angeordnet hat?“) dargelegt:

Getaufte Christen in unseren Tagen müssen also ebenso fest entschlossen sein, Gott zu gehorchen, wie die treuen Israeliten und die ersten Christen es waren. Es ist jedoch festgestellt worden, daß in einigen Fällen, in denen Gerichte Bluttransfusionen angeordnet haben, auf der Seite derer, die beanspruchen, Christen zu sein, augenscheinlich keine entschiedene Stellung eingenommen wurde. Einige haben vor Gericht erklärt, daß sie Blutübertragungen zwar nicht gutheißen würden, wenn ein Gericht sie jedoch anordnen würde, würden sie sie nicht ablehnen.
Wachtturm, 15. November 1967, S. 703

Weiter war zu lesen:

Es stimmt, daß das Gericht die Verantwortung trägt, wenn es eine Blutübertragung anordnet; erklärt jedoch ein Christ einem Richter, daß er einer Blutübertragung zwar nicht zustimmen, sie jedoch nicht ablehnen würde, wenn das Gericht sie anordnete, arbeitet dieser Christ in Wirklichkeit bei der Verletzung des Gesetzes Gottes mit dem Gericht zusammen. […] Das Ausmaß, in dem ein Christ der Durchführung einer Bluttransfusion in seinem Fall oder im Falle eines von ihm Abhängigen widersteht, ist etwas, was der Betreffende selbst entscheidet und was seine Versammlung untersucht.

Während des Verfahrens wurden noch weitere Punkte angeführt, die eine Anerkennung erschwert hätten, jedoch von der WTG bestritten wurden und von der Gegenseite schwer belegbar waren. Anhand der Online-Bibliothek und durch die Vernetzung von Ehemaligen könnten diese heute deutlich einfacher mit Quellen begründet werden als damals.

Die WTG hat mit diesem Schritt den Ehemaligen einen Gefallen getan. Bereits durch die Entscheidung, die leitende Körperschaft in ihrem eigenen TV Sender – JW Broadcasting – auftreten zu lassen, haben sie die Aufklärungsarbeit mehr als unterstützt. Die Recherche ist deutlich einfacher geworden und man kann nur hoffen, dass sie keinen Rückzieher machen.

Reaktionen zu diesem Beitrag

  1. Eva-Maria Hildebrand sagt:

    Sehr gut recherchiert!

    Ich habe mich gefragt, wie ich denn mein Kind auf liebevolle Weise verprügele?!

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    1. Oliver Wolschke sagt:

      Ja, dieser Satz enthält für sich einen absoluten Widerspruch: „Ob die Eltern sie nun mit der Hand, einem Stock oder einer geeigneten „Rute“ anderer Art vornehmen — sie haben von Gott die Befugnis, ihre Kinder auf liebevolle Weise körperlich zu züchtigen“

    2. Sebastian sagt:

      Bei dem „Wie“ kann ich nicht helfen, aber wo du hinschlagen darfst, erläutert ein WT:

      Wußtest du zum Beispiel, daß Mütter und Väter, die ihre ungezogenen Kleinkinder — damit sie still sind — auf die Geschlechtsteile schlagen, ihre Kinder unwissentlich dazu anregen, später Masturbation zu betreiben?
      Quelle: https://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/1973684#h=46:679-51:0

  2. Willi Bühler sagt:

    Auch ich war einmal „dabei gewesen“. Ich war sogar vier Jahre lang mit meiner Frau Missionar in Portugal gewesen und haben jede Menge Erfahrugung mit der Organisation und deren Mitverbundenen gesammelt – aber am Ende blieb nur noch der Ausstieg. Dazu muss ich ergänzen, dass ich mich anfänglich recht wohl in der Organisation gefühlt habe, ich hatte sogar mein Ingenieurstudium aufgegeben, weil Harmagedon vor der Tür stand. Ich war manipuliert. Die gefahr der Manipulation besteht eben darin, dass man sie als solche nicht erkennt, dass man sich in ihr, gleichsam, wie in einer Narkose befindet, man fühlt sich sogar sehr wohl in diesem Zusatnd. Meinen „Ablöseprozess“ habe ich in meinem Buch: „Beim Rattern der Drehbank“ beschrieben.

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